Mittwoch, 24. November 2010

Plädoyer

Hohes Gericht,
nach Abschluss der Beweisaufnahme komme ich zu folgendem Ergebnis:
Durch den kürzlich auftretenden Zeugen Michael Berg, der behauptet, dass Hanna Schmitz Analphabetin ist, fällt ein neues Licht auf den Prozess. Die Verteidigung behauptet, dass Frau Schmitz zur SS gegangen ist, da sie sich nicht "outen" wollte, weil ihr ein Büroarbeitsplatz bei Siemens angeboten wurde. Und vor lauter Angst, dass ihr Geheimnis an die Öffentlichkeit gelangen könnte, wollte sie anscheinend "flüchten". Doch Fakt ist, dass sie sich freiwillig der SS angeschlossen hat und bereit war, unschuldige Menschen zu töten. Nur um zu "flüchten"?"Flüchtet" man vor einem Bürojob, nur weil man nicht an sich arbeiten möchte, um den Analphabetismus zu bekämpfen und schließt sich dann der SS an? Ich denke, da hätte sie sich durchaus klüger verhalten können. Doch hier geht es ja um die Selektionen und den Kirchenbrand. In dieser Nacht, in der in der Kirche ein Brand ausbrach, hat Hanna Schmitz kein Interesse gezeigt, die unschuldigen Frauen und Kinder zu befreien. Und das ist der entscheidende Punkt, hohes Gericht. Schon in dieser besagten Nacht wurde Frau Schmitz zur Massenmörderin. Hinzu kommen die Selektionen, bei denen Frau Schmitz mitwirkte und jeden Monat 60 Frauen und Kinder nach Auschwitz transportierte. Natürlich waren bei den Selektionen auch andere SS-Wärterinnen beteiligt, doch dadurch ist Frau Schmitz nicht minder schuldig. Außerdem geht es ja hier nicht um die Taten anderer, sondern um die von Frau Schmitz. Und für all diese Taten kann nicht der Analphabetismus die Entschuldigung sein, so wie es die Verteidigung behauptet. Denn das Ermorden hat nichts mit der Unfähigkeit des Lesens und Schreibens zu tun.
Hohes Gericht, anlässlich dieser Anklagepunkte bin ich für eine Verturteilung der Angeklagten Hanna Schmitz zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, da sie in allen Punkten schuldig ist.

2 Kommentare:

  1. Ich finde dein Plädoyer sehr gut gelungen.
    Es ist kurz und alle wichtigen Punkte sind darin enthalten.

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  2. Du hast geschrieben, dass Michael Berg behauptet hat, doch in unserer Verhandlung gab Hanna doch selber zu, dass sie Analphabetin ist.
    Außerdem hat nicht sie allein die 6o Mädchen nach Auschwitz geschickt, sie hat nur 10 von Ihnen, da die sechs Wärterinnen dies unter sich aufteilten.

    Dennoch gut geschrieben.

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